Weiterbildung für alle: Wie kann das gelingen?

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Interview mit Dr. Beate Blüggel,
Diversity-Beauftragte des vhs-Landesverbandes NRW

Vielfalt bleibt Thema auch nach dem Schwerpunktjahr
Foto: Anita Gryz

Im vergangenen Jahr haben die Volkshochschulen bundesweit das Jahresthema „Zusammen in Vielfalt“ gewählt. Warum gab es diesen Schwerpunkt?

Mit dem Jahresthema „Zusammen in Vielfalt“ haben wir Volkshochschulen unser Grundprinzip „Bildung für alle“ in den Mittelpunkt gestellt und dabei selbstkritisch gefragt, ob wir mit unseren Angeboten tatsächlich alle erreichen oder ob wir bestimmte Zielgruppen weniger oder gar nicht ansprechen. Auch die eigene Organisation haben wir in den Blick genommen: Wie repräsentativ sind die Mitarbeiter*innen von Volkshochschulen für die Zusammensetzung der Gesellschaft? Erstellen wir unsere Angebote „von allen für alle“? Wie sehr treten wir als kommunale Einrichtungen für die Gleichstellung im Sinne des AGG ein? Antidiskriminierungsarbeit und Förderung von Teilhabe sind integrale Bestandteile unserer Arbeit. Wenden wir die Grundsätze dieser, oft projektbezogenen Angebote auch in den anderen Bereichen an?

Beschlossen wurde das Jahresthema 2022 durch den Deutschen Volkshochschul-Verband, der dem Arbeitsprogramm seines Vorstands den Dreiklang „Zusammen in Vielfalt. Nachhaltig. Vernetzt“ gegeben hat und erstmals alle rund 900 deutschen Volkshochschulen zur Mitwirkung an jeweils einem bundesweiten Jahresschwerpunkt aufgerufen hat. 2021 war es „Bildung für nachhaltige Entwicklung, 2022 „Zusammen in Vielfalt“, und 2023 „Vernetzt“ – sowohl im digitalen Sinn als auch mit Bezug zu Kooperationen und Netzwerken. Für mich liegt die konsequente Fortsetzung unserer Arbeit jetzt in der Kombination „vielfältig vernetzt“, denn grade die Kooperation mit Interessensvertretungen von Zielgruppen, die wir bislang nicht so gut erreichen konnten, scheint mir der Weg zu mehr Vielfalt in der Volkshochschule zu sein.

Was hat der Jahresschwerpunkt 2022 „Zusammen in Vielfalt“ bewirkt? Zu welchen Veränderungen hat er geführt? Was sind, Ihres Erachtens, die wichtigsten Ergebnisse und Erfolge des Schwerpunktjahres „Zusammen in Vielfalt“?

Es ist mit dem Jahresschwerpunkt gelungen, das Thema in den Volkshochschulen flächendeckend zu diskutieren. Viele Volkshochschulen haben es zum Semester- oder Jahresschwerpunkt gemacht und Veranstaltungen dazu angeboten. Mithilfe von bereitgestellten Materialien des DVV-Diversityausschusses wie Checklisten zur Selbsteinschätzung haben viele Volkshochschulen zudem ihre internen Organisationsstrukturen überprüft und entsprechende Organisationsentwicklungsprozesse begonnen oder intensiviert. Unser Landesverband hat das Thema im Rahmen seiner fachbereichsübergreifenden Jahrestagung aufgegriffen und damit einen wichtigen Impuls gesetzt. Ich habe dort eine echte Aufbruchstimmung wahrgenommen. Sowohl auf Landesebene wie auch in den Kommunen haben die Volkshochschulen ihre Netzwerkarbeit intensiviert, um in den Dialog zu kommen mit Interessensvertrete*innen und Selbstorganisationen strukturell benachteiligter Gruppen, deren Perspektiven wir brauchen, um als offene Orte gelebter gesellschaftlicher Vielfalt zu wirken.

Was können die Volkshochschulen in NRW bereits jetzt tun, um als intersektional diversitätssensible und diskriminierungsfreie Weiterbildungseinrichtungen wahrgenommen zu werden?

Grundsätzlich ist es ja der Anspruch der Volkshochschulen, Orte der gelebten Vielfalt zu sein. Zugleich sehen wir, dass unsere Angebote nicht alle erreichen, dass manche uns nicht als ihren Ort wahrnehmen. Wir müssen auf diejenigen zugehen, die das so empfinden. Die Vernetzung mit Interessensgruppen habe ich schon genannt. Wichtig ist es auch, Flagge zu zeigen: Im Leitbild muss Diversität vorkommen, in den Häusern und im Angebot muss die Offenheit spürbar sein. Wichtigste Voraussetzung dafür ist die Offenheit der Mitarbeiter*innen, sich mit Konzepten der Diversität auseinanderzusetzen, Fortbildungen zu machen, noch kompetenter und sensibler für das Thema zu werden. Eine Möglichkeit ist der Jour fixe des DVV-Diversityausschusses, einmal im Monat online zu vielen relevanten Themen und die Online-Konferenz am Diversity-Tag im Mai.

Der Jahresschwerpunkt 2022 „Zusammen in Vielfalt“ war eine Art Aufbruch der Volkshochschulen in NRW im Arbeitsbereich Diversität. Was sind die nächsten Schritte und Aktivitäten in diesem Themenfeld?

Der Landesverband NRW hat ja die Reform seiner Satzung bereits genutzt und das neue Amt einer für Diversity beauftragten Person geschaffen, das ich seit November 2021 ausüben darf. Darüber bin ich sehr froh. Die konzeptionellen Überlegungen der Fachkonferenz möchte ich nun strategisch fortsetzen und einen Diversity-Rat etablieren, der Mitglieder aus allen Bezirks-Arbeitsgemeinschaften hat und die Arbeit des Verbandes zu diesem Thema intensivieren soll. Ebenso werden wir die geführten Diskussionen auswerten und in einen eigenen Leitbildprozess des Verbandes überführen. Einbringen werden wir das Thema Diversity auch in die Evaluation des Weiterbildungsgesetzes NRW und uns weiter mit dem Thema Monitoring und Abbildung gesellschaftlicher Vielfalt in unseren Häusern beschäftigen. Ich freue mich auf die Arbeit mit den Kolleg*innen.

Zur Person

Dr. Beate Blüggel ist Direktorin der Volkshochschule Aachen. Sie ist zudem die Diversitybeauftragte des Landesverbandes der Volkshochschulen von NRW und Vorsitzende des Diversity-Ausschusses des vhs-Dachverbandes (DVV).

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