Unsere Kooperationspartner
Interviews mit unseren Kooperationspartnern
BNE-Agentur NRW – gemeinsam mit dem Landesverband für eine vernetzte BNE-Bildungslandschaft
Seit 2023 hat sich im Rahmen des BNE-Projekts eine fruchtbare Kooperation zwischen dem Landesverband und der BNE-Agentur NRW gebildet. Das gemeinsame Ziel ist es, die lokalen Akteure in NRW – Volkshochschulen und BNE-Zentren – bestmöglich zusammenzubringen und neue Netzwerke und Kollaborationen zu ermöglichen. Die Leiterin der BNE Agentur, Gisela Lamkowsky, und Jonas Greschner vom Landesverband reflektieren die Zusammenarbeit und geben Ausblick in die Zukunft. Das Gespräch führte BNE-Bildungsreferentin Eva Heinen.
Lamkowsky: Die BNE-Agentur versteht sich klar als Partner in diesem Projekt – der Landesverband hat die leitende Funktion und wir sind Kooperationspartner. Unsere Gespräche und Abstimmungen finden auf Augenhöhe statt und es werden die Interessen von beiden Seiten berücksichtigt. Bestimmte Verantwortlichkeiten haben wir aber auch aufgeteilt – hier sehen wir uns als Türöffner für die jeweiligen Strukturen und Netzwerke und möchten Netzwerkpartner zusammenbringen. Da sehe ich als klare Verantwortlichkeit von unserer Seite, diese Netzwerke für den Landesverband, beziehungsweise die einzelnen Volkshochschulen, zu öffnen. Bei Planungen für Projektmaßnahmen schauen wir beide gemeinsam, was umsetzbar wäre, wo Schnittmengen sind und wo unsere Interessen gut zusammenpassen. Von daher gibt es klare Motivationen von beiden Seiten und wir versuchen diese gleichberechtigt umzusetzen.
Lamkowsky: Die Volkshochschulen sind im ganzen Land verbreitet und vor Ort. Von Seiten des BNE-Landesnetzwerkes sind wir ebenfalls vor Ort – mittlerweile sind wir in gut 30 Kreisen in NRW vertreten. Aus Koordinierungsperspektive weiß ich, dass verschiedenste Regionalzentren auch bereits Kontakte zu und Kooperationen mit Volkshochschulen etabliert haben. Daher haben wir schnell verstanden, dass wir in diesem Projektrahmen diese Netzwerkarbeit auf regionaler Ebene bestärken wollen. Und das kann am besten gelingen, wenn man zum einen die existierenden guten Beispiele bekannt macht und zum anderen das Kennenlernen untereinander fördert. Wir wollten also ein Format finden, bei dem wir neben einer Projektvorstellung vor allem regionale Akteure zusammenbringen und eine Kooperation für die eigene Arbeit vor Ort anstoßen können. So haben wir dann die Idee der Vernetzungstreffen entwickelt, mit dem erklärten Ziel, dass im Anschluss lokale Zusammenarbeit auch ohne unsere Moderation selbstständig stattfindet und die Akteure miteinander ins Handeln kommen.
Lamkowsky: Es fing mit der Frage an, wie wir die Vernetzungstreffen vor Ort verankern und was „vor Ort“ in diesem Fall bedeutet. Wir haben uns schnell auf die fünf Regierungsbezirke in NRW geeinigt, denn auf dieser Ebene sind bereits Austauschstrukturen vorhanden, sowohl bei den Volkshochschulen als auch bei unseren BNE-Regionalzentren. Da für uns auch das persönliche Kennenlernen und das Schaffen einer Vertrauensbasis wichtig war, stand schnell fest, dass die Treffen in Präsenz stattfinden sollten. Wir haben uns an reguläre halbtägige Treffen der Volkshochschulen auf Regierungsbezirksebene angedockt – das ebenfalls halbtägig angesetzte Vernetzungstreffen mit den BNE-Regionalzentren haben wir zeitlich daran „angehängt“. Es ging primär um zwei Komponenten: Zum einen das Identifizieren von Schnittmengen und gemeinsamen Interessensgebieten und zum anderen eine Sammlung von Ideen für konkrete Kooperationen. Interessanterweise wurden bei allen fünf Treffen sehr ähnliche Strukturen und Kooperationsansätze gefunden und entwickelt.
Lamkowsky: Was ich wirklich toll fand, waren Kooperationen von Einrichtungen, die sich absolut auf Augenhöhe begegnet sind. Denn häufig handelt es sich bei den BNE-Regionalzentren historisch um kleine Umweltbildungseinrichtungen, die in der Vergangenheit nicht unbedingt immer als Bildungseinrichtung wahrgenommen wurden. In diesen Gesprächen habe ich aber mitbekommen, dass sich die Einrichtungen als gleichberechtigt betrachtet haben. Zwar mit unterschiedlichen Schwerpunkten aber mit viel Potenzial, wie man sich gegenseitig die Kenntnisse, Fähigkeiten und Ressourcen zu Nutze machen kann. Es gab eine sehr große Bereitschaft zu Teilen – seien es die Räumlichkeiten, wie z. B. die zentralen Schulungsräume der Volkshochschule und die häufig spannend gestalteten großflächigen Gelände der BNE-Regionalzentren oder auch Referent*innen und Multiplikator*innen für gegenseitige Schulungen. Und hier fand ich die Bereitschaft, gegenseitig die Ressourcen zu nutzen sehr überzeugend.
Greschner: Ich hatte das Glück bei allen Vernetzungstreffen vor Ort zu sein und konnte viel von der gemeinsamen Arbeit der Mitglieder mitbekommen. Zum einen habe ich, genau wie Frau Lamkowsky, die Stimmung unter den Vertreter*innen der Einrichtungen als sehr gut wahrgenommen. Alle betrachten das Thema BNE von ganz unterschiedlichen Perspektiven, aber dennoch waren diverse Schnittmengen zu erkennen und es wurde sich schnell auf ein gemeinsames Nachdenken und Planen von Strategien geeinigt. Es gab einige Momente, wo direkt Verabredungen für die nahe Zukunft geplant wurden. So gab es von der vhs Duisburg und dem Zoo Krefeld ein Kooperationsbestreben für die Schulung von vhs-Mitarbeitenden in Form von Exkursionen, um die gelebte BNE in diesem Regionalzentrum auch für diese Personengruppe erlebbar zu machen. Darüber hinaus wurde über ein gemeinsames Bildungsformat beraten, wo es um inklusive Exkursionen mit BNE-Bezug für breite Zielgruppen geht. Es kamen aber auch diverse Beispiele guter Kooperationspraxis zu Tage, die bereits existieren und es war erstaunlich, wie viel dabei „auf den Tisch“ gekommen ist. Dieses Sichtbarmachen von der guten Zusammenarbeit zwischen BNE-Regionalzentren und Volkshochschulen war sehr wirksam. Gut in Erinnerung geblieben ist mir das Beispiel aus Soest, wo die vhs gemeinsam mit dem LIZ Möhnesee bereits diverse Bildungsformate umgesetzt haben.
Lamkowsky: Mir sind auch noch zwei schöne Kooperationsbeispiele in Erinnerung geblieben: In Lüdinghausen gab es eine Kooperation, wo die Volkshochschule das Gelände des BNE-Regionalzentrums besucht hat und daraufhin gemeinsam dort das inklusive Bildungsangebot „Yoga mit Pflanzen“ angeboten hat. Und in Münster haben sich die Volkshochschule und das Regionalzentrum zusammengetan und das „Zukunftsdiplom“ für Kinder und Jugendliche entwickelt, was bis heute jedes Semester angeboten wird.
Greschner: Neben der Gestaltung von möglichen Bildungsangeboten sind aber auch andere Aspekte der Kooperation immer wieder zur Sprache gekommen. Zum Beispiel wurde schnell klar, dass die Einrichtungen ähnliche Herausforderungen sehen – der Zugang zu Zielgruppen beispielsweise, denn hier haben Volkshochschulen ganz andere Adressatenkreise als BNE-Regionalzentren. Gemeinsam jeweils neue Zielgruppen zu erschließen und diese Synergien zu erörtern, das kam an ganz vielen Stellen bei den Vernetzungstreffen auf. Wir sind auch sehr stolz, denn mit insgesamt 119 Teilnehmenden bei diesen fünf Treffen haben wir unsere ursprünglichen Planungen doch weit übertroffen.
Greschner: Im Anschluss an die fünf Vernetzungstreffen ist uns schnell klar geworden, dass unsere ursprünglichen Ideen gefruchtet haben. Es gab guten Austausch, wir haben gute Praxis sichtbar gemacht und auch neue Ideen für die Zukunft entwickelt. Wir haben aber auch viel Potenzial zu Tage gefördert, dass es sich jetzt zu betrachten lohnt. Wir können jetzt gemeinsam darüber nachdenken, wie wir unsere Mitglieder und Einrichtungen bei der weiteren Zusammenarbeit zukünftig gut begleiten. Auch stellt sich die Frage, wie wir als Landesorganisationen mit unterschiedlichen Maßnahmen auch noch enger zusammenrücken können, damit diese Vernetzungstreffen nicht einmalige Events bleiben, sondern möglicherweise eine verstetigte Form entsteht. Welche Form oder Institutionalisierung das annehmen kann, ist noch offen. Im Projekt möchten wir diese Ideen aber gemeinsam im Rahmen eines Veranstaltungsformats weiterentwickeln. Wir denken hierbei an das Format der „Zukunftswerkstatt“ – ein Diskurs- beziehungsweise Workshopformat, in dem wir und weitere Landesorganisationen an einem Tisch sitzen und Strategien entwickeln, wie der Landesverband und die Volkshochschulen noch näher an das BNE-Geschehen in NRW andocken können und wie unsere Institutionen noch besser verknüpft arbeiten.
Lamkowsky: In unserer Verantwortlichkeit als BNE-Fachstelle in NRW sehe ich ein paar mögliche Maßnahmen. Volkshochschulen sind anerkannte Bildungswerke und brauchen als solche Zertifizierungen um Weiterbildungsmittel zu erhalten. Wir waren in Bezug auf die BNE-Zertifizierung eine Zeit lang sehr stark ausgelastet und sind es auch immer noch. Wir haben aber Mittel und Wege gesucht und gefunden, dass es weitere Zertifizierer gibt, welche für anerkannte Bildungswerke die BNE-Zertifizierung ausstellen, also auch für die Volkshochschulen. So kann sich die BNE-Zertifizierung auch in bereits bestehende Zertifikate eingliedern, zum Beispiel im Bereich Qualitätsmanagement. Das bedeutet: Es ist deutlich einfacher und greifbarer geworden für die Volkshochschulen das BNE-Zertifikat zu erhalten. Und da sehe ich unsere Rolle als Träger des Leitmodells für die BNE-Zertifizierung NRW, den Volkshochschulen diese auch einfacher und näher zu bringen.
Ein weiterer Anknüpfungspunkt ist die regionale Netzwerkarbeit: Vernetzung vor Ort anzubieten und zu unterstützen ist etwas, was wir gut leisten können und wollen. Im Rahmen der Vernetzungstreffen haben wir gemerkt, dass das etwas ist, was den Nerv aller Einrichtungen trifft. Diese Kooperationen vor Ort möchten wir gern aktiv in ihrer Weiterentwicklung unterstützen. Darunter verstehe ich bspw. gemeinsame Veranstaltungen, aber auch gemeinsames Auftreten bei Regionalterminen oder auch in regionalen Bildungsnetzwerken. Ein weiterer Punkt sind die unterschiedlichen Adressatengruppen: Manche Bildungsformate sind mitunter schwer anzubieten und spärlich besucht. Wenn die Einrichtungen hier gegenseitig die „fehlenden“ Zielgruppen ansprechen und zusammenbringen, können wir in Zukunft auch andere Formate ermöglichen. Von daher haben wir hier meiner Meinung nach viel Spielräume, Erwartungen und Wünsche, wie wir gemeinsam BNE in NRW verankern können.
Greschner: Ich möchte hier gern Carolin Voigt zitieren (ANM: Referentin der BNE-Agentur), die bei einem Treffen eine Art Zukunftsvision ausmalte, in der wir es gemeinsam schaffen werden, BNE als grundlegendes Prinzip der Bildungsarbeit im gesamten Bildungssystem zu verstetigen. Volkshochschulen möchten auf das gleiche Ziel hinwirken und gemeinsam mit den BNE-Regionalzentren ihren Beitrag leisten und zunehmend Teil der BNE-Gemeinschaft in NRW werden. Für die zukünftige Zusammenarbeit des Landesverbands und der BNE-Agentur sehe ich auch die institutionelle Vernetzung und die Außenrepräsentation als wichtigen nächsten Punkt, zum Beispiel auf unseren Kanälen der Öffentlichkeitsarbeit.
Lamkowsky: Hier möchte ich auch noch einen schönen Kooperationspunkt anschließen, nämlich das BNE-Festival. Das findet in diesem Jahr an der vhs Münster statt und damit bereits zum wiederholten Mal an einer Volkshochschule – im vergangenen Jahr waren wir an der vhs Essen und 2022 an der vhs Bielefeld. Von daher hat sich schon fast eine Tradition gebildet, dass das BNE-Festival – was den zentralen Treffpunkt für BNE-Aktivist*innen in NRW darstellt – in Volkshochschulen stattfindet. Damit können Volkshochschulen und auch der Landesverband in der Außenwirkung gut punkten und zeigen, dass Volkshochschule und das BNE-Netzwerk in NRW eng verknüpft sind. Warum sollte nicht auch auf regionaler Ebene ein ähnliches Format gut funktionieren?
Lamkowsky: Die Kooperation als „Partner auf Augenhöhe“, die miteinander sprechen, planen und gemeinsam BNE in NRW nach vorne treiben wollen – auf dieser Basis können und wollen wir auch gern weiter zusammenarbeiten. Zukünftig würde ich aber gern einen weiteren Punkt mit aufnehmen, nämlich das Landesprogramm „Schule der Zukunft“. An den Volkshochschulen kann im Bereich des nachholenden Schulabschlusses auch BNE-Arbeit verankert werden und sie können sich auszeichnen lassen und aktiv im Netzwerk mitwirken. Auch hier können wir zukünftig noch weitere Kooperationsaspekte unserer Organisationen ausloten.
Greschner: Ich stimme Frau Lamkowsky vollkommen zu und würde gern noch eine Möglichkeit ergänzen, wie Volkshochschulen in NRW im BNE-Geschehen noch mehr mitwirken können: über das BNE-Landesportal. Hier gibt es für Volkshochschulen diverse Möglichkeit sich zu beteiligen und aus Perspektive des Landesverbands hoffe ich, dass diese Option auch verstärkt genutzt wird, z. B. in dem sich Volkshochschulen als BNE-Akteur registrieren und ihre gute Arbeit und ihre Angebote publik machen. Außerdem würde ich mir wünschen, dass die Erwachsenen- und Weiterbildung dort zukünftig noch sichtbarer wird.
Agentur 2020 und die vhs Leverkusen – Neue Bildungskonzepte für die Klimamacher*innen vor Ort
Eine besondere Art der Zusammenarbeit hat sich in den vergangenen Jahren in Leverkusen gebildet. Hier haben sich die Volkshochschule und eine Nachhaltigkeitsagentur zusammengetan und – mit Unterstützung des Landesverbands – ein Programmangebot für lokale Klimaaktivitäten entwickelt. Diese „Klimamacher*innen-Kurse“ sind nun erfolgreich erprobt und werden im Herbst in NRW in den Transfer für alle Volkshochschulen gehen. Dr. Günter Hinken, Leiter der vhs Leverkusen, und Daniel Obst, Berater der Agentur2020, schildern im Interview, wie ihre Zusammenarbeit zustande gekommen ist und was Volkshochschulen und Bürger*innen in NRW im Klimamacher*innenkurs zukünftig erwartet.
Das Gespräch führte BNE-Bildungsreferentin Eva Heinen.
Hinken: Die Volkshochschulen sind seit jeher ein Spiegelbild der Gesellschaft und damit geht natürlich auch das Thema gesellschaftliche Transformation einher. In diesem Zusammenhang haben auch die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeit seit Jahrzehnten eine Heimstatt an Volkshochschulen – wenn ich zum Beispiel an die Umweltbildung oder an den lokalen Agenda 2030-Prozess denke oder auch die Milleniumsziele der Vereinten Nationen. Das alles waren Aspekte und Projekte, die an den Volkshochschulen und auch bei uns in Leverkusen breiten Raum eingenommen haben.
Hinken: Zu unseren Jubiläumsfeierlichkeiten „75 Jahre vhs Leverkusen“ haben wir uns im Laufe des Jahres 2022 dazu entschlossen, verschiedene thematische Bereiche in den Mittelpunkt zu stellen – zum Beispiel Grundbildung und Interkulturalität – und haben als dritten Schwerpunkt bewusst auch die Nachhaltigkeit gewählt. Da BNE seit 2022 Teil des Weiterbildungsgesetzes in NRW und somit eine Pflichtaufgabe der Volkshochschulen geworden ist, passte das sehr gut. Zu diesem Prozess haben wir verschiedene Angebote konzipiert, die sich in einem ganzheitlichen Sinne diesen Nachhaltigkeitsthematiken gewidmet haben: Zum einen konnten wir zweimal den „klimafit“-Kurs [ANM: Weiterbildungsangebot des WWF] durchführen. Zum anderen haben wir uns auch als Organisation in einem „Step-by-Step“-Prozess auf den Weg gemacht. Im Mai 2023 haben wir dafür eine Mitarbeiter*innenfortbildung gemeinsam mit der Musikschule Leverkusen durchgeführt. Wir haben uns zu diesem Schritt entschlossen, denn für uns war klar, dass wir im Sinne eines Whole Institution Approach nicht nur unsere Angebotsstruktur mit Nachhaltigkeitsthemen gestalten, sondern uns auch als Organisation ganzheitlich entwickeln möchten. Deswegen war es für das Wissensmanagement sehr wichtig, auch die Mitarbeiter*innen und Dozent*innen mit ins Boot zu nehmen.
Hinken: Die Initiative zu einem nachhaltigen Organisationsentwicklungsprozess kam insbesondere von interessierten Mitarbeitenden aus der Volkshochschule. Und als Leiter bin auch ich aus strategischen Gründen daran interessiert, dieses Thema intensiv weiterzuverfolgen, aber es gibt eben auch einige Belegschaftsmitglieder, die sich dem Thema Nachhaltigkeit verbunden fühlen. Es war also eine Initiative vieler aus dem Erfolg unserer Jubiläumsfeierlichkeiten. Interessanterweise hat sich die Leverkusener Musikschule zu diesem Zeitpunkt auf dem gleichen Weg befunden, weshalb wir diesen Prozess dann gemeinsam angegangen sind. Bei der Suche nach einem Referenten hat die zuständige Programmbereichsleiterin, Dagmar Hilge-Biegmann dann unseren Dozenten Daniel Obst gefragt, der für uns auch bereits die klimafit-Kurse geleitet hatte.
Obst: 2021 war ich selbst Teilnehmer des ersten klimafit-Kurses, da ich auch auf der Suche nach Bildungsangeboten zu Themen der Nachhaltigkeit in der Region war. Das hat mich dazu gebracht, mich auch in der Erwachsenenbildung engagieren zu wollen. Als 2022 dann ein Nachfolger für die Kursleitung gesucht wurde, kam die Programmbereichsleitung Dagmar Hilge-Biegmann auf mich zu, was zu meinem Einstieg als Referent an der vhs Leverkusen geführt hat. Da das klimafit-Programm jedoch fördertechnisch limitiert war, haben wir nach Möglichkeiten gesucht, ein ähnliches Format weiterhin anbieten zu können. So haben wir dann mit Unterstützung des Landesverbands zu Ende 2022 den „Klimamacher*innen-Kurs“ entwickelt. „Wir“ meint dabei mein Unternehmen Agentur 2020 – wir sind inzwischen über 20 Mitarbeitende, die sich täglich mit der Frage beschäftigen, wie Organisationen das Thema Nachhaltigkeit bestmöglich voranbringen können. Wir beraten Organisationen zu konkreten Maßnahmen, Strategien aber auch Fördermittelstrategien – häufig Unternehmen, aber eben auch Organisationen, Ministerien und Kommunalbetriebe. Aus dem entwickelten Kurskonzept wurde dann eine zweifache Durchführung in 2023 ermöglicht, die ich geleitet habe. Durch diesen sehr engen Kontakt zwischen mir und der Volkshochschule haben dann auch die Gespräche für eine Begleitung des Organisationsentwicklungsprozesses stattgefunden, den wir 2023 ebenfalls angestoßen haben.
Hinken: Für die Vorbereitung haben wir uns im ersten Schritt darauf geeinigt, wer involviert sein würde und uns für den Personenkreis der festangestellten Beschäftigten als Zielgruppe entschieden. Da einige Mitarbeitende beider Institutionen auch eine Kursleitendenfunktion innehaben, konnte so auch die Perspektive der Dozent*innen vertreten werden. Dadurch sind wir auf eine Beteiligung von ca. 60 Personen aus Volkshochschule und Musikschule gekommen. Wir haben dann einen Workshop-Tag konzipiert, dessen Ziel es war, gemeinsam auf die Themen, Querverbindungen und Gestaltungsspielräume für die organisationale Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit zu schauen. Dieser hat im Mai 2023 stattgefunden.
Obst: Wir haben am Workshop-Tag zunächst alle Mitarbeitenden fachlich abgeholt, zum Beispiel durch eine genaue Betrachtung der Nachhaltigkeitsziele der UN. Nach einem halbtägigen Input sind im nächsten Schritt Arbeitsgruppen gebildet worden, die sich einzelne Bereiche zur näheren Betrachtung vorgenommen haben – zum Beispiel nachhaltige Beschaffung, Konsum, Gesundheit, Mobilität, das Kursangebot und kollegiales Miteinander. Die Arbeitsgruppen haben dann mit verschiedenen Methoden an Flipcharts und Metaplanwänden gearbeitet und ihre Ideen und mögliche Maßnahmen entwickelt. Die Arbeitsgruppen wurden dabei sehr von den Blickwinkeln beider Organisationen bereichert. Der konkrete Rückbezug auf den eigenen Arbeitsalltag war zentral. Dabei sind einige sehr spannende und auch konkrete Ideen zusammengekommen.
Hinken: Sowohl bei uns an der Volkshochschule als auch an der Musikschule wurde der Prozess zunächst durch ein externes Ereignis verschoben: Durch Umstrukturierungsmaßnahmen innerhalb der Kommune, was zum Beispiel unser Verwaltungswesen, aber auch unsere Finanzen betrifft, sind seit dem vergangenen Jahr unsere Ressourcen stark eingebunden worden. Für den Organisationsentwicklungsprozess hatten wir daher in erster Instanz leider zunächst keine Ressourcen mehr verfügbar und mussten diesen Bottom-Up-Approach erst einmal verschieben. Ich als VHS-Leiter verfolge jedoch einige Aspekte der nachhaltigen Organisationsentwicklung weiter – so beteilige ich mich etwa am Strategieverfahren des Landesverbands, wo in Kürze ein Positionspapier zur Teilhabe von Volkshochschulen in zukunftsfähigen Kommunalprozessen erscheinen wird. Zudem beschäftige ich mich damit, wie das Thema BNE in das Qualitätsmanagementsystem mit einbezogen werden könnte. Außerdem planen wir an unserer vhs, den partizipativen Prozess mit der Belegschaft spätestens im Jahr 2025 wieder aufzunehmen. Angedacht ist dabei, dass die Arbeitsgruppen aus dem Workshop weiter an ihren Interessensgebieten arbeiten und die Umsetzung in der Volkshochschule voranbringen. Dies korrespondiert auch mit unserem verstärkten Engagement im städtischen BNE-Netzwerk.
Obst: Der Ursprung lag im Dilemma, dass in Leverkusen durch die zwei Durchgänge des klimafit-Kurses ein gutes Momentum entstanden war, zum Beispiel auch in Form eines klimafit- Stammtischs, der sich aus einer Gruppe von engagierten Bürger*innen zusammensetzte. Trotz hoher Nachfrage konnte der klimafit-Kurs aber aufgrund einer begrenzten Anzahl an Fördermitteln nicht noch einmal in Leverkusen stattfinden. Aus dieser Misere entstand die Überlegung, wie wir ein eigenes Angebot gestalten können. So ist es dann in Kooperation mit dem Landesverband NRW dazu gekommen, dass ein Konzept gestaltet werden sollte, welches auch an weiteren Pilot-Volkshochschulen durchgeführt wird. Dieses alternative Angebot sollte inhaltlich und qualitativ überzeugen und natürlich das Thema des aktiven Klimaschutzes in den Vordergrund stellen. Mit den Erfahrungen aus den klimafit-Kursen und der eigenen Fachexpertise haben wir dann ein neues Kurskonzept mit fünf Modulen entwickelt. Der Kurs hat sehr gutes Feedback bekommen und wurde in Leverkusen und Moers erprobt – in Leverkusen direkt in doppeltem Durchgang aufgrund der hohen Nachfrage.
Hinken: Das hat unsere ursprüngliche Motivation auch bestätigt, denn aus unserer vhs-Perspektive war es nicht tragbar, dass wir eine hohe Nachfrage an Teilnehmenden nach den Durchgängen des klimafit-Kurses wegen fehlender Fördermaßgaben nicht mehr bedienen sollten. Dieses Anliegen haben wir dem Landesverband vorgetragen und der zuständige Referent Arne Cremer ist dann schnell mit uns aktiv geworden. Wir sind sehr froh, dass wir anschließend Daniel Obst und seine Agentur für die Konzeptionierung des neuen Kursformats gewinnen konnten. Das war für uns vorteilhaft, denn er hat neben seiner Fachexpertise auch die Kursleiter- und sogar Teilnehmerperspektive mit einbringen können, was sich als enorm gewinnbringend erwiesen hat.
Obst: Der Kurs ist für eine Gruppe von bis zu zwanzig festen Teilnehmenden entwickelt und in fünf Module á 3 Stunden aufgeteilt, die thematisch sortiert sind und aufeinander aufbauen. Wir starten in Modul 1 mit einer Einführung und Wissensvermittlung zur Nachhaltigkeit, den planetaren Grenzen, den SDGs (Anm. Sustainable Development Goals, UN Ziele für Nachhaltige Entwicklung) und so weiter. Wir unterbauen das methodisch immer so, dass kein reiner Frontalunterricht stattfindet, sondern die Teilnehmenden zum eigenen Reflektieren und Nachdenken animiert werden. In Modul 2 geht es sowohl um die Ursachen des Klimawandels und welchen Einfluss wir als Menschheit darauf haben als auch welche Folgen entstehen, wie zum Beispiel Extremwetter oder Wandel der Biodiversität. Dabei gibt es immer eine Verzahnung mit Verantwortlichen des lokalen städtischen Klimaschutzmanagements, die im Kurs ihre konkrete lokale Arbeit vorstellen und in den Dialog mit den Teilnehmenden gehen. Das anschließende Modul 3 dreht sich um unseren Alltag und unsere eigenen Einflussmöglichkeiten – zum Beispiel betrachten wir den CO2-Fußabdruck und mögliche Stellschrauben im individuellen Alltagsleben. Wir sprechen aber auch über das Konzept des Handabdrucks – also die Idee, wie ich selbst andere dazu bringen kann, Veränderung zu bewirken, zum Beispiel meinen Arbeitgeber. Modul 4 fokussiert die nationale und regionale Ebene – um die Auswirkungen des Klimawandels vor Ort auch für alle Teilnehmenden greifbar zu machen. Anschließend erarbeiten wir dann, was jede einzelne Person in ihrem Umfeld tun kann mit dem sog. „Climate Action Venn Diagramm“ – eine Methode, um den individuell größten Wirkungspunkt bspw. auch auf Basis der eigenen Kompetenzen herauszustellen. Im abschließenden fünften Modul führen wir ein Planspiel durch – anhand einer fiktiven Situation eines Ortes, der von der neuen Nord-Süd Stromtrasse betroffen ist. Hier nehmen die Teilnehmenden unterschiedliche Rollen von Bürger*innen, Unternehmen und Politik ein, um ein Verständnis für verschiedene Positionen und typische Diskussionsmuster zu erhalten. Es geht also auch darum, neue Gesprächs- und Argumentationsmethoden kennenzulernen und mit typischen Gegenargumenten besser umgehen zu können.
Hinken: Ich möchte noch ergänzen, dass dieser Kurs immer in Zusammenarbeit mit dem städtischen Fachbereich „Klima und Mobilität“ angeboten wird. Mit diesem Lehrgang verbinden wir also Netzwerkarbeit von Kommune und Bürger*innen sowie uns als Volkshochschule. Dadurch wird die Philosophie des Kurses, die gemeinsame Arbeit an Lösungen, gestärkt. Wir überlegen auch immer, welche städtischen oder auch privaten Akteure in einzelne Module mit eingebunden werden können.
Obst: Die Klimamacher*innen sollen gemeinsam überlegen, wie sie selbst zu Lösungen beitragen können – damit verspüren die Teilnehmenden Selbstwirksamkeit und nehmen das Thema Klimakrise weniger bedrohlich wahr, weil sie wissen, wie sie aktiv werden können. Im Kurs geht es also darum, Ansätze zu identifizieren, wie man selbst zum Klimaschutz beitragen kann. Das hängt natürlich von den eigenen Kompetenzen und Ressourcen ab – und daher geht es auch in dem Kurs darum, anhand der eigenen Voraussetzungen individuelle Handlungsspielräume zu finden.
Hinken: Ein tolles Beispiel aus dieser Projektarbeit innerhalb des Kurses ist das daraus entstandene Kinderbuch „Klimo und Suri“. Hier haben sich zwei Teilnehmerinnen überlegt, gemeinsam ein Kinderbuch zu den Themen Umwelt, Tierschutz und Klimawandel zu entwickeln. Aus der Idee ist ein Buch mit vierzehn Kurzgeschichten für Kinder entstanden, das auch durch einen Grafiker illustriert wurde. Das Buch ist veröffentlicht worden und an der Volkshochschule werden wir am Weltkindertag am 20.09.2024 eine Lesung veranstalten, auf der beide Autorinnen das Ergebnis ihres Engagements vorstellen. Dies ist also ein manifestes Ergebnis aus diesem Klimakurs, auf das wir sehr stolz sind. Ein weiteres Beispiel für den Erfolg der Klimakurse ist die Gründung eines Stammtischs, der sich regelmäßig autonom trifft. Wir als Volkshochschule stehen über die Lehrgangstätigkeit hinaus in Austausch mit Mitgliedern des Stammtisches und überlegen regelmäßig, welche Veranstaltungen oder Formate in Leverkusen angeboten werden können. Im Herbst wird es zum Beispiel einen Vortrag über das Thema „Schwammstadt“ geben, was auf Anregung der Gruppe arrangiert wurde.
Hinken: Wir haben den Kurs entwickelt, erprobt und evaluiert – nicht nur in Leverkusen, sondern auch an der vhs Moers. Als nächstes soll der Kurs dann über den Landesverband der Volkshochschulen in ganz NRW „ausgerollt“ werden. Über den Sommer werden noch einige Punkte aus der Evaluierung eingearbeitet, aber im Anschluss wird das Konzept allen Volkshochschulen zur eigenen Umsetzung zur Verfügung stehen, sodass auch unabhängig von externer Förderung ein solches Angebot durchgeführt werden kann.
Hinken: Als Politologe mag ich die Methode des Vergleichs – nicht um zu bewerten, sondern um voneinander zu lernen. Gute Beispiele von kommunaler, institutioneller oder auch programmatischer Ebene und der Austausch untereinander sind ein wesentlicher Treiber von Nachhaltigkeit. Meines Erachtens werden zu wenig Ressourcen aufgewendet, um Good-Practice-Beispiele aus anderen Kommunen zu sichten und für die eigene Anwendung zu übertragen. Wir als vhs Leverkusen werden das auch selbst umsetzen, indem wir eine neue Programmgruppe unter dem Titel „cross over“ schaffen. Hierbei werden wir versuchen, Nachhaltigkeitsprojekte in einzelne Stadtteile zu bringen – und nicht nur aus der Perspektive des Umweltschutzes, sondern interdisziplinär. Darüber hinaus wünsche ich mir für den Klimamacher*innenkurs, dass in jeder Kommune in NRW die Volkshochschulen in Zukunft so einen Klimakurs anbieten. So können mehr kleine Graswurzelinitiativen gestartet und die Bürger*innen animiert werden, kleine Projekte selbst umzusetzen. Damit könnten wir als Volkshochschulen dazu beitragen, nachhaltiges Denken und Handeln in der Gesellschaft zu stärken und sinnvolle Maßnahmen der Transformation zu gestalten.
Obst: Dem kann ich mich anschließen. Außerdem fällt mir in meiner Workshop-Praxis immer wieder auf, dass der Rückbezug auf die eigene Alltags- und Berufswelt für viele Teilnehmende das größte Problem darstellt. Häufig wissen Personen nicht, was sie konkret tun können und sollten und welche Spielräume sie in ihrem Alltag haben. Und das ist es, was wir fokussieren müssen: Bildungsarbeit in Unternehmen und Organisationen leisten und diese Ideen und Gestaltungsmöglichkeiten gemeinsam entwickeln.