"anders.Ort" Volkshochschule: Slam-Text von Ella Elia Anschein
anders.Ort
Ich träume einen Ort, der anders ist als überall.
An dem nicht wichtig ist: Was kann ich?
Nur wichtig ist, was möcht’ ich bald
Können wollen.
Ein Ort ohne den Alltagsstress
Ohne Wertung und Erwartung.
Ich träume einen Ort, der mich
In Ruhe neu entdecken lässt.
Besinnung bietet. Der nicht fragt:
Wie alt bist Du, wo kommst Du her,
Was ist Dein höchster Bildungsgrat?
Ich träume einen Ort, der sagt:
Komm her, hier kannst Du werden.
Nach Deinem Tempo, Deinen Werten,
Lebenslang was lernen.
Ich träume einen Ort, der lebt, vom Mensch, der Menschen Hoffnung macht
Durch nun entdeckten Fähigkeiten, an denen sich der Mensch entfacht
– und blüht, in schillernden Facetten.
Ich träume einen Ort der demokratischen Entdeckungen, der Nähe, des Zusammenfindens.
Ich träume einen Ort der vielen Philosoph*innen.
Der denkenden und streitenden, der lernenden und lehrenden.
Ich träume einen Ort, an dem das Ich zum Wir gedeiht
und einen Ort, an dem ein Wir träumen kann, von einer weit verstreuten Masse dieser Orte.
Die so sind, dass mensch staunend bleibt. Im Angesicht der Worte, der Sprachen und der Zahlen.
Im Angesicht der Wandlungen, die manchmal daran nagen,
Was Sicherheit bedeutete für viele viele Jahre.
Ich träume einen Ort, der Krisen überlebt.
Und aus der Krise Kraft gewinnt
Und immer wieder weiter geht.
Ich träume einen Ort, der kann noch immer bunter werden.
Einen Ort, an dem Akademiker das Häkeln lernen
und Arbeiter Lektüre lesend
Vom Wechsel der Epochen reden.
Ich kenne einen Ort, der verbindet, eint und stärkt seit 75 Jahren Orte,
an denen mensch das Träumen lernt.
Und Werte für uns wahrt.
Einen Verband für Orte, die schon immer
dritte Orte waren.
Immer Orte für Erleben.
Und Orte für das Potenzial.
Und Orte für nicht aufgeben,
Wenn auch Entwicklung Angst macht.
Alles Gute zum Geburtstag.
Alles Gute zur Geschichte
Millionenfacher Zugewinne
An Fähigkeiten und an Stimmen
Für ein starkes Miteinander.
Alles Gute für die Zeit, die noch kommt,
Ihr macht das schon.
In dem ihr bleibt, so wie ihr seid,
Im nicht so bleiben, sondern weiter
In die Zukunft schreiten.
Ella Elia Anschein, geboren 1996 in Bonn, ist Theatermacher*in und Bühnenpoet*in. Mit politischen, kritischen und leichtfüßigen Texten wirbelt Elia über die Bühnen der Republik, gibt Schreibworkshops und begleitet unterschiedliche Prozesse künstlerisch.