Redebeitrag von Landtagsvizepräsident Rainer Schmeltzer
Grußwort
75 Jahre Landesverband der Volkshochschulen in NRW
Mittwoch, 26. Oktober 2022, 18 Uhr, Landtag Nordrhein-Westfalen, Restaurant
– Es gilt das gesprochene Wort! –
Sehr geehrter Herr Präsident Hebborn!
Sehr geehrte Frau Ministerin Brandes!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
• „Gender trifft Erderwärmung – Was hat die Klimakrise mit Geschlechtergerechtigkeit zu tun?“
• „Stark durch den Tag! – Training für mehr Widerstandskraft und Stärke im Berufsalltag.“
• „Deutsch: Vertiefung von Grammatik und Wortschatz.“
• „Frische Farbe für die grauen Zellen – Ein ganzheitliches Gedächtnistraining.“
• „Wien – Stadt der Menschenrechte und der internationalen Diplomatie“
Das alles sind Angebote, die ich aus dem aktuellen Programm der Volkshochschule meiner Heimatstadt Lünen ausgewählt habe. Bereits diese eher zufällig getroffene Auswahl verdeutlicht sehr gut, wie vielfältig und breit gefächert das Bildungsangebot der Volkshochschulen in unserem Land ist. Darauf können wir gemeinsam, in Politik und Gesellschaft, stolz sein, besonders auch heute, wenn wir gemeinsam den 75. Geburtstag des Landesverbandes der nordrhein-westfälischen Volkshochschulen feiern.
Für den Landtag Nordrhein-Westfalen und seine Abgeordneten heiße ich Sie alle zu diesem erfreulichen Abend willkommen! Und ich überbringe Ihnen, den engagierten Menschen im Landesverband und in den 131 Volkshochschulen unseres Landes herzliche Glückwünsche zum 75. Verbandsjubiläum!
Heute Abend wird einmal mehr deutlich, was unser Parlament und die Volkshochschulen als Orte der Bildung und Weiterbildung,
nicht zuletzt auch der politischen Bildung, verbindet. Lassen Sie mich in gebotener Kürze auf drei Aspekte dieser besonderen Beziehung hinweisen.
Da ist erstens der parlamentarische Auftrag an die Kommunen Nordrhein-Westfalens, Weiterbildung für alle Menschen anzubieten, und zwar wohnortnah und niedrigschwellig zugängig. Es ist schön, zu wissen, dass die Pflicht zur Förderung der Erwachsenenbildung durch das Land und seine Kommunen fest in unserer Landesverfassung, in Artikel 17, verankert ist. Das Weiterbildungsgesetz, wie es dieser Landtag erstmals im Jahr 2000 verabschiedete, führt diese Pflicht entsprechend gesetzlich aus.
Mit Freude zitiere ich hier Paragraph 1:
„Jede und jeder hat das Recht, die zur freien Entfaltung der Persönlichkeit und zur freien Wahl des Berufs erforderlichen Kenntnisse und Qualifikationen zu erwerben und zu vertiefen.“
Diese Zeilen sind und bleiben Garant für gute Zukunfts-Chancen der Menschen in unserem Land. Denn Bildung und Weiterbildung sind und bleiben der Schlüssel für die berufliche wie persönliche Entwicklung und ebenso für gesellschaftliche Teilhabe. Ich denke: Viele von uns stehen noch unter dem Eindruck der Novellierung des Gesetzes im vergangenen Jahr, also noch in der 17. Wahlperiode des Landtags. Die parlamentarischen Beratungen waren deutlich geprägt von der parteiübergreifenden Zusammenarbeit aller demokratischen Fraktionen. Sie waren Ausdruck des gemeinsamen Bestrebens, die Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen und die kommunalen Weiterbildungszentren insgesamt zu stärken. Damit nimmt die Novellierung auch ein wichtiges Kapitel in der Geschichte der nordrhein-westfälischen Volkshochschulen und ihres Landesverbandes ein.
Doch der heutige Abend verweist natürlich auf eine viel längere Geschichte Ihres Verbandes, die unmittelbar auch mit der Geschichte unseres Landes und mit dem Werden der parlamentarischen Demokratie in Nordrhein-Westfalen verbunden ist. Lassen Sie uns zugleich nicht vergessen: Die ursprüngliche Idee des Volksbildungswesens ist sogar noch älter. Sie reicht bis in die Zeit der Weimarer Republik zurück, jäh ausgebremst und schamlos instrumentalisiert in den Jahren der nationalsozialistischen Diktatur. In der Phase des demokratischen Wiederaufbaus schrieb 1948 der damalige Vorsitzende des VHS-Landesverbandes, Bert Donnepp, an den Präsidenten des Parlamentarischen Rates, Konrad Adenauer:
„Die Volkshochschulen haben durch ihre Arbeit seit 1945 bewiesen, dass sie hervorragend an der Bildung des echten demokratischen Menschen und eines gesunden Gemeinwesens beteiligt sind.“
Diese Feststellung verweist auf den zweiten Aspekt der besonderen Beziehung der Volkshochschulen zu unserem Parlament. Mit ihren Angeboten haben die Volkshochschulen in ganz entscheidender Weise zur Entwicklung der parlamentarischen Demokratie, zum Demokratieverständnis der Bürgerinnen und Bürger beigetragen. Sie wirken nach wie vor
• als Werkstätten und Lernorte der Demokratie,
• als Resonanzräume für den demokratischen Dialog
• als frei zugängliche Foren zum Austausch von Ideen,
• nicht zuletzt auch als Förderer der Integration und des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Dafür gilt es Ihnen heute Danke zu sagen.
Und dieser Dank unseres Parlaments richtet sich zugleich an Ihren Landesverband, der die Interessen der Volkshochschulen bündelt und diese nicht zuletzt gegenüber uns, den parlamentarischen Entscheidungsträgern, vertritt.
Das führt mich abschließend auch zum dritten Aspekt, der prägend für die Beziehung der Volkshochschulen zur landesparlamentarischen Ebene ist. Wir blicken heute nicht allein zurück. Wir blicken auch nach vorn, vereint in dem Anspruch, die Erwachsenenbildung auch zukünftig auf der Höhe der Zeit zu gestalten. So, wie sich das Leben und Zusammenleben in diesem Land stetig weiterentwickelt, so müssen sich auch das lebensbegleitende Lernen und die Wege der Wissensvermittlung immerwährend fortentwickeln. Die großen Herausforderungen unserer Zeit sind uns allen bekannt.
Nehmen wir zum Beispiel
• den Klimawandel und die Bedeutung von Nachhaltigkeit in unserem Alltag,
• die umfassende Digitalisierung unseres Lebens,
• den Wandel unserer Arbeitswelt,
• die anhaltende Notwendigkeit von Integration,
• nicht zuletzt auch neue und wiederkehrende Bedrohungen unserer Demokratie durch Antisemitismus, Populismus und politischen Extremismus.
Diese und viele weitere Felder werden uns in diesem Parlament, ebenso in Ihrem Verband und in den Volkshochschulen unseres Landes weiterhin beschäftigen und beschäftigen müssen. Deshalb braucht es weiterhin eine gute Zusammenarbeit, wie wir sie in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten erleben durften, und wie wir sie partnerschaftlich fortsetzen wollen und werden.
Willy Brandt hat einmal gesagt:
„Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten.“
Das setzt, gesellschaftlich betrachtet, breit gestreutes Wissen und Bildung für alle voraus, wie sie über die Volkshochschulen unseres Landes vermittelt wird. Die jährlich zehntausenden Kurse, hunderttausende Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sprechen dafür, wie stark ihr Bildungsangebot angenommen wird. Mögen möglichst viele Bürgerinnen und Bürger auch zukünftig die Volkshochschulen besuchen, und möge Ihr Verband auch in den kommenden Jahrzehnten die starke Stimme der Volkshochschulen sein.
Herzlichen Glückwunsch zum 75. Jubiläum!
Ich freue mich mit Ihnen auf diesen Abend!
Rainer Schmeltzer ist ein deutscher Politiker (SPD). Seit dem Jahr 2000 ist er Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen und wurde am 1. Juni 2022 zu dessen 1. Vizepräsidenten gewählt. Zuvor war Schmeltzer von 2015 bis 2017 Minister für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen im Kabinett Kraft II.